„Der letzte Lehrer“ in Schönbach
Späte Eindrücke von Heribert Tigges
Am 20. Februar 1971 – ich war seit drei Monaten schon 22 Jahre alt – hatte ich meinen letzten Prüfungstag an der EWH Koblenz, erhielt am gleichen Tag das Prüfungsergebnis (ganz ok) und fuhr am Tag darauf frohgemut zur Bezirksregierung nach Trier. Dort wollte ich Ernennungsurkunde und Einsatzverfügung abholen – dies in der festen Annahme, ich käme nach Gillenfeld. Dort wollte ich natürlich hin, da an der dortigen Hauptschule meine damalige Freundin tätig war. Ich fiel aus allen Wolken, als ich in besagter Verfügung „Schönbach“ las. „Waaaaas“? entfuhr es mir – „wo liegt das denn?“ Das wusste der Referent natürlich auch nicht. So machten wir uns an der den Regierungsbezirk Trier anzeigenden Wandkarte auf die Suche. Nach gefühlt zehn Minuten rief der freundliche Referent „ach hier; das letzte Dorf im Kreis Daun an der Straße nach Ulmen“. Nun denn. Ich lieh mir Papas Auto und fuhr mal mit Hilfe von Karten nach Schönbach. Die Schule zu finden war nicht die Kunst – wohl aber den Lehrer. Er war an einem Platz, der für mich noch sehr bedeutsam werden sollte: bei Willi (Gundert). Herbert Neumann ging nach kurzem Hallo und dem Leeren der Stubbi-Flasche mit mir zur Schule und gab eine Einführung: d.h. er zeigte mir das komplette Areal bestehend aus Klassenzimmer, Lehrertoilette mit Waschbecken (Bad gab es nicht), einem Flur mit ein paar Materialien und Lehrerwohnung. Dann eröffnete er mir: „Diese Stelle hier ist für mich die letzte meiner Lehrerlaufbahn“ – er war so nach meiner Schätzung Anfang 30. „Ich wandere nach Kanada aus und werde dort Holzfäller“. Aha! Ich komme also in ein Dorf, aus dem mein Vorgänger flieht, und zwar so 9,5 Tausend km weit weg in eine „richtige“ Einsamkeit.
Erst später erfuhr ich die Hintergründe. Sie sind kennzeichnend für die Zeit; für nachfolgende Generationen wohl undenkbar! Herbert Neumann war ein durch und durch musischer Mensch; u.a. musizierte er im Theater in Trier. Er war vor seiner Schönbacher Zeit tätig in Jünkerath, unterrichtete Kunst und Musik an einer großen Mittelpunktschule. Liiert war er damals mit einer Kollegin. Sein gesamter Lebensstil passte allerdings nicht ins Weltbild dessen, was man „damalige Norm“ nennen mag. Die Liaison zerbrach, und das Schulamt, Wächter nicht nur über die Besetzung von Lehrerstellen und gelingendes Unterrichten der Lehrkräfte, sondern auch über das, „was sich gehört“, hat ihn „strafversetzt“. Nun war er, anstatt seine Lieblingsfächer zu unterrichten, verantwortlich für die Jahrgänge 1 bis 8 in Schönbach, Kollege Matthias Görgen tat den gleichen Dienst in Utzerath (zum 9. Schuljahr fuhren die Mädchen und Jungen nach Darscheid). Vom Erstleseunterricht im ersten bis zum Pythagoras im achten Schuljahr war also nun alles Programm. Ein wenig Erleichterung gab es, als die Kinder der Jahrgänge 1-4 aus beiden Dörfern in Utzerath, die von 5-8 in Schönbach waren. In dieser Phase absolvierte Herbert Neumann dann die 2. Lehrerprüfung. Der damals verantwortliche Schulrat fand sich voll im Recht (und erzählte mir das ohne jede Hemmung), als er die Prüfungskommission drängte, Herbert Neumann mit Absicht schlechter zu bewerten als seine Leistungen es nahelegten. Man wollte ihm damit anzeigen, dass seine Unangepasstheit im Schulamt nicht auf großes Wohlwollen stieß. Diese Behandlung war natürlich „das Letzte“. Ich kam in diese Situation!
Studiert hatte ich zunächst in Bonn und Trier, ging für zwei Auswärtssemester nach Israel, kam zurück, fand die Hochschule in Trier geschlossen und ging dann zum Examen nach Koblenz. Ich habe mich also fast nur in Städten aufgehalten. An den Hochschulen lernten wir damals schon so einige Dinge von modernen Lehr- und Lernmethoden: „Programmierter Unterricht mit Lernmaschinen“ (Das Wort „Computer“ kannte kaum jemand) oder Sprachlabor für den Englischunterricht und sogar etwas von dem, was man heute „Team-Teaching“ nennen würde. So gewappnet komme ich also nach Schönbach. Ich begann am 01. März 1971, also neun Tage nach meinem Ersten Staatsexamen.
Zuvor kaufte ich nach Kreditaufnahme noch einen Sparkäfer, etwas Porzellan und klaubte ein paar alte Möbel zusammen.
Nun sind zwei weitere Kennzeichen der damaligen Zeit wichtig: 1966/67 waren Kurzschuljahre; man hatte den Schuljahrsbeginn von Ostern auf den Sommer verlegt. Die Kinder, die beispielsweise im Dezember 1966 eingeschult wurden, waren lehrplanmäßig über die Jahre etwas zurück, dies mit der bedauerlichen Konsequenz, dass mein Vorgänger – ohnedies nicht mit ungeteiltem Herzen in Schönbach tätig – unverhältnismäßig viele Kinder eine Klasse wiederholen lassen wollte (Es kam dann „nach Gesprächen“ doch nicht dazu).
Zweites Kennzeichen: Es war die Zeit der berühmten Mengenlehre. Manche mögen sich erinnern: Es gab sogar Bücher für die Hand der Eltern; sie sollten die „neue Methode entdecken“. Man setzte also selbstverständlich voraus, dass Eltern an Nachmittagen die Rolle des (Nachhilfe-) Lehrers zu übernehmen hätten. Mit diesem Unfug habe ich dann gar nicht erst angefangen.
In dieser Situation habe ich einmal mein Gefühlsleben betrachtet; es sagte mir: absolute Überforderung. Wäre ich zu einem heute tätigen Arzt gegangen, hätte er vielleicht die Diagnose abgegeben: „Insuffizienzgefühl“, „Burn-out bereits nach erstem Kennenlernen der Situation“ o.ä. Meine Konsequenz: Ich schrieb einen Versetzungsantrag mit der Bitte, mich spätestens nach den Sommerferien 1971 nach Gillenfeld zu versetzen.
Doch dann kam alles anders. Ohne mich in Details zu verlieren kann ich zusammenfassend feststellen: So viel Vertrauensvorschuss, Wohlwollen, Unterstützung und Ermutigung hätte ich nicht erwartet, habe alles aber natürlich mit Freude angenommen. Ein paar Beispiele: Mein erster Besuch am Abend des ersten Arbeitstages ging zu Bürgermeister Martin Schneider, seiner Frau Katharina sowie Inge und Heinz. Sie haben mir auf ihre so menschlich-sympathische Art Mut zugesprochen, dass es mir am zweiten Tag schon besser ging. Sogar im Schulamt signalisierte man mir nach der Vereidigung seitens Schulrat und – nicht weniger wichtig: des Verwaltungsleiters Herrn Prill – Verständnis und alle Unterstützung. Für mein körperlich-kulinarisches Wohlergehen war ich bei Gundert in Kost. Willis Schwester Friedchen war tagsüber viel in der Kneipe, wenn Willi in Daun arbeitete, kochte dort für die damals kleine Sonja (später auch Anja und Heike), und ich wurde so mitgeschleppt. Friedchens Kochkunst war legendär, und folglich mein Wohlbefinden nach anstrengendem Unterrichtstag und dem jeweils köstlichen Essen super.
In der ersten Woche ging ich zum Feierabend-Stubbi zu Willi. Schnell wurde ich mit den Jungs (wochentags zunächst nie Mädels) im Alter von 16 (Müller Hänschen!) und etwa 30 bekannt, lernte u.a. „Siebbeschröm“ und „Mäxchen“ und erfuhr hohe Anerkennung infolge einiger Fußballfachkentnisse, auch wenn mein Lieblingsverein 1. F.C. Köln nicht derjenige aller anderen Schönbacher war! Später, als ich „aus bestimmten Gründen“ nicht mehr nach Gillenfeld fuhr, besuchte ich Willi auch an Samstagabenden; da traf ich dann auch Mädels und viele Väter der Kinder (Letzteres ersetzte manchen Elternsprechtag).
Die Kinder waren und sind natürlich die wichtigste Gruppe. Das Foto zeigt diejenigen, die im Sommer 1971 vor den Sommerferien „unsere Schulkinder“ waren. Zunächst waren sie recht glücklich, nicht wie vorgeschrieben 28, sondern „nur“ 23 Unterrichtsstunden zu haben. Ich kam ja frisch von der Hochschule, war – wie es damals hieß: Junglehrer, etwa vergleichbar heutigen Referendaren, wohl aber mit mehr Stundenverpflichtung und in alleiniger Verantwortung stehend. So hatten die Kinder dienstags frei, wenn ich zu Haupt- und Fachseminaren fuhr bzw. einen (freien) Studientag hatte oder mich mit meinem Mentor beraten konnte. Letzterer war der in Darscheid, Mehren, Schönbach, Utzerath, Katzwinkel und anderen Orten sehr bekannte Jupp Kettern. Er hat nicht nur Generationen von Kindern unterrichtet, er engagierte sich auch in der Kirche und war zu meiner Zeit auch Trainer (manchmal Spielertrainer) des SV Darscheid. Im Laufe der Zeit bin ich also dann naturgemäß vom Fan des 1. F.C. Köln zu dem des SV Darscheid mutiert.
Jupp Kettern hat mich gerade in meiner ersten Zeit sowie in den Monaten vor meinem Zweiten Staatsexamen stark unterstützt. Doch die Kinder waren wie übrigens auch ihre Eltern in ihrer weit überwiegenden Anzahl ebenso wohlwollend wie die anderen genannten Personen. Sie ließen natürlich deutlich das spüren, was für alle Kinder der Welt typisch ist: Sie zeigen klar erkennbar, wenn es langweilig ist, wenn sie über- oder unterfordert werden, honorieren aber auch, wenn sie spüren, dass der sich der Lehrende Mühe gibt und sie auch mag. Werden diese kindlichen Erfahrungen dann auch mit den Eltern kommuniziert, trägt dies in aller Regel zu einer recht angenehmen Atmosphäre bei.
Dies ist nun ein wichtiges Stichwort: Von der „Insuffizienz“ kam ich dann doch schnell herunter; und so habe ich meinen zu Beginn der Tätigkeit geschriebenen Versetzungsantrag zurückgenommen. Vielleicht hätte mich der Schulrat im Falle meiner Tätigkeit in Gillenfeld nach und wegen der Trennung von meiner Freundin in März 1972 ja nach Üxheim oder Nohn versetzt. Das hätte zwar den Vorteil gehabt, dass man dort ja in etwa den gleichen Dialekt spricht wie ich, der ich in Euskirchen aufgewachsen bin. Aber Gott sei Dank war die Frage dann ja müßig. Das Stichwort Dialekt oder Platt war dann sehr wichtig: Bei den Kindern und bei Willi habe ich recht gut zugehört, so dass ich beim Hören und Verstehen schnell keine Übersetzung mehr brauchte. Wenn ich dann versuchte, selbst Platt zu sprechen, erntete ich zwar manches Lächeln, aber dann kam mir doch wieder die wohlwollende Sympathie entgegen. In einem Arbeitszeugnis hätte man vielleicht formuliert: „Der Kandidat hat sich redlich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden.“
Der Verbleib in Schönbach brachte mir dann aber außer der Dialektpflege noch etwas in Erinnerung, auf das mich Herbert Neumann aufmerksam gemacht hatte: „Im Dezember musst du eine Nikolausfeier auf die Beine stellen.“ Ich hatte diese Information irgendwo in einer hinteren Zelle meines Gehirns vergraben, da ich ja – Stand März 1971 – ohnedies nicht mehr in Schönbach sein würde. Nun also wurde das Ereignis wieder hervorgekramt. Schon an der Planung waren viele Leute beteiligt: die Bürgermeister Schneider und Bartz (Die Utzerather Nikolausfeier fand nach dem Weggang von Matthias Görgen und der Auflösung der Schule auch in Schönbach statt) sowie ihre Gemeinderäte, eine Reihe junger Männer, die an einem Samstag die Bühne aufbauten, auf der bereits die Eltern „meiner“ Kinder gespielt hatten.
Sodann fuhren Martin Schneider, Jupp Schneiders (Kette Jupp) vom Gemeinderat Schönbach und ich nach Mayen und besorgten für jedes Kind im Vorschul- und Schulalter je ein Geschenk. Die nicht gerade geringe Menge von Geschenken haben dann Inge Schneider und Edeltrud Schneiders – damals nach meiner jetzigen Einschätzung so 16 bzw. 17 Jahre alt – wunderschön weihnachtlich verpackt. Überreicht wurden die Geschenke bei der Feier vom Nikolaus (1971 ein Herr aus Ulmen, dessen Namen mir entfallen ist; im Jahr darauf mimte ich den Nikolaus und wurde von Anja Lanser prompt erkannt: „Dau woas dat“).
An der Gestaltung waren Kinder unterschiedlichen Alters beteiligt: von der damals sechsjährigen Sonja (Lanser, von Friedchen und Richard, Schwester von Anja) mit einem Gedicht bis zu denen im 8. Schuljahr mit dem Verlesen einer Geschichte (Erika Prinz von der Mühle). Und dann gab es etwas, das wohl das größte Echo fand: ein Theaterspiel. Das gleichermaßen zeitkritische wie humorvolle recht moderne Stück trug den Titel „Jede Weihnachten dasselbe Theater“ und nahm eine verstaubte Krippenspielromantik wie auch die Geschäftemacherei der Vorweihnachtszeit aufs Korn. Bei Akteuren und Zuschauern kam das Stück gut an. Auch der viele Jahre als Lehrer in Schönbach tätig gewesene Herr Steffens schaute zu, dachte und sprach gerührt von alten und neuen Zeiten.
Wie gut das Stück „saß“, zeigte eine Begegnung bei Willi einige Zeit später. Einige der jungen Leute – so im Alter von 16 bis 30 – fragten an, ob ich nicht mit ihnen auch einmal spielen wollte. Diese für mich sehr ehrenvolle Anfrage habe ich natürlich gleich mit „ja“ beantwortet – eine der klügsten Entscheidungen, die ich je in Schönbach getroffen habe. Es bedurfte keiner großen Mühe, Mitspieler zu finden. (Dabei haben wir sogar generationsübergreifend gesucht. So sollte und wollte zunächst auch Martin Pick aus Utzerath spielen; er trat damals häufig geradezu brillant im Utzerather Karneval auf. Er war auch bei den ersten Leseproben dabei, musste dann aber wegen beruflicher und familiärer Beanspruchung absagen). Dennoch war das Ensemble schnell beisammen: Inge Schneider, Edeltrud Schneiders, Berti Höfer, Karlheinz Bartz, Hans-Josef Berty, Heinz Klütsch, Hans-Peter Kessler, Heribert Tigges. Das war wohlgemerkt 1972. Die wirklich tolle Tradition wird an einigen Personen deutlich (nicht alle kann ich hier aufzählen, obwohl alle es wert wären!): Winfried Daniels spielte in der Schülergruppe 1971 und lässt seit vielen Jahren keine Aufführung als aktiver Spieler aus. Winfried Häb kam zur zweiten Aufführung 1973 hinzu, trägt seit vielen Jahren für die Regie Sorge. Da sage ich nur: Ich freue mich auf das Jubiläum 2022!
Zeitweise durfte ich bei der Thekenmannschaft Fußball (mit-)spielen, wenn so die „Länderkämpfe“ gegen Utzerath anstanden. Dass ich bei den Cracks wie Alfred (Roden), Gerd (Schirra), Mani (Gruschka), Manfred Schneiders, Hansi Schuster, Stephan Häb, Willi Gundert u.a. einmal ein Tor schießen konnte, vergesse ich in meinem Leben nicht mehr.
Zurück zur Schule: Schulpolitiker aller Farben waren damals der Meinung, der Unterricht gelinge umso besser, die Lernerfolge seien umso größer, je homogener die Klassenstufen seien. An dieser Homogenisierung hat man jahrelang gewerkelt, gerade auch in den Jahren 1971 bis 1974. So führte man (kurz vor meiner Zeit) wie erwähnt zuerst die Schuljahre 1 bis 4 sowie 5 bis 8 aus beiden Dörfern zusammen. So hatte ich von März 1971 bis Sommer 1972 die Schuljahre 5 – 8 zu betreuen. Nach dem Schuljahr 1971/72, das ich als sehr angenehm in Erinnerung habe, wurde dann offiziell die „Volksschule Schönbach“ geschlossen – und ich war auf einmal nicht mehr „Schulleiter“, was für mich persönlich die unsagbare Gehaltseinbuße in Höhe von 50 DM mit sich brachte. Ich gehörte damit zum Darscheider Kollegium. Schönbach war eine Außenstelle der Volksschule Darscheid. Die Jahrgänge sieben und acht aus Schönbach, Utzerath und Darscheid waren von diesem Zeitpunkt an in Schönbach; aber nur für ein Jahr. Danach wurde wieder umstrukturiert: Die Schule in Darscheid wurde institutionell aufgelöst und wurde Außenstelle der Hauptschule Daun unter Leitung des Rektors Herrn Annen. Die Grundschulkinder aus Schönbach und Utzerath fuhren nach Mehren, die Klassen fünf und sechs aus Schönbach, Utzerath, Darscheid (mit Hörscheid), Mehren und Schalkenmehren waren in Darscheid. Man sieht: Man braucht viel Platz, um die laufenden Umstrukturierungen überhaupt notieren zu können. Ich war dann nach den Sommerferien 1973 in Darscheid (mit Frau Weber, Frau Weiler, Frau Heinen und Herrn Michels; Herr Kettern wurde Konrektor an der Grundschule in Mehren).
Nun kam hinzu, dass für Sept. 1973 mein Zweites Staatsexamen anstand. also zwei Monate nach den Sommerferien mit mir bis dahin völlig fremden Kindern; diese waren in Jahrgängen (fünf und sechs), die ich über ein Jahr nicht mehr unterrichtet hatte. Überdies stand die Prüfung unter Leitung eines Schulrats, der seinerseits ebenfalls erst kurz in seinem Amt tätig war. Dies war Herr Wollscheid, der später nach Mainz in die Politik ging. Der vormalige Schulrat, der mich auch in meinem ersten Jahr in Schönbach bereits revidierte, hatte sich trotz aller vorheriger Loblieder auf die „schöne und bezogen auf ihre Bildungsstruktur so attraktive Eifel“ nach Trier versetzen lassen, „um seinen Kindern eine bessere Ausbildung zukommen zu lassen“, wie er in einem Rundschreiben offenbarte (Das erinnerte mich später an Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen, die „offiziell“ sehr kämpferisch für die Integrierte Gesamtschule eintraten, ihre eigenen Kinder aber lieber in katholischen Internaten in der Nordeifel unterbrachten). Kurzum: die Prüfung fand statt unter Beteiligung mir erst seit recht kurzer Zeit bekannter Personen – ich habe die Prüfung „glorreich“ bestanden – und anschließend musste ich fünf Stunden pro Woche mehr unterrichten; das betraf dann Englisch im 9. Schuljahr in Mehren für Mädels und Jungs ohne Vorerfahrung. So ging das damals. Ich hatte zwar Englisch als Fach in meiner Schülerzeit, sprach und schrieb täglich diese Sprache in meinen Auswärtssemestern in Israel. So etwas stand dann in meinem Lebenslauf; und schon war ich befähigt, Englisch zu unterrichten (Dies wiederholt sich allerdings zumindest in NRW 44 Jahre später ganz massiv). Aber die Zeit raste dahin. Ich hatte noch andere Pläne, habe noch einmal studiert und wegen des Studienbeginns am 02. April 1974 in Trier den Schuldienst mit Wirkung zum 31.03.74 gekündigt. Gewohnt hatte ich auch in der Zeit meiner Tätigkeit in Darscheid und Mehren noch in Schönbach. So war und bin ich also buchstäblich der letzte Lehrer von Schönbach.
Es ist müßig zu fragen was gewesen wäre, wenn die Schule länger bestanden hätte. Wäre ich geblieben? Vielleicht bis zum Ruhestand? Die Entwicklung geht einfach weiter – und das zu Recht. Man stelle sich vor, die alleinige Lehrkraft einer Schule von eins bis acht oder gar neuen wäre eine Niete. Generationen von Schülerinnen und Schülern wären verraten und verkauft. Sind sie dagegen sehr gut, kann es logischerweise ein Segen sein. Dies betonte immer wieder mein oftmaliger Gesprächspartner Herr Mühlhaus aus Darscheid. Aber wer hat es in der Hand?
Bindungen an Schönbach sind geblieben. Das Adrenalin steigt regelmäßig, wenn ich aus Anlass meiner Theaterbesuche abends in die baulich „leicht veränderte“ alte Schule gehe. Und wenn dies seit 1974 immer wieder geschieht (seit über zehn Jahren jedes Jahr), mag dies zeigen, wie prägend die drei Jahre von 1971 bis 1974 für mich waren. Ich war also richtig gern
der letzte Lehrer in Schönbach.